Vom Fürst Schilderich und dem Rübensaft
Vom Fürst Schilderich und dem Rübensaft
Vor langer Zeit, da lebte einst ein Fürst in Lichtenfels, und der hieß Schilderich. Der Schilderich war ein kluger Mann, er reiste viel herum, auch in die anderen Fürstentümer und Königreiche, welche an Lichtenfels heranreichten. So kam es, daß er eines schönen Tages auch nach Blankenburg reiste. Der dortige Großfürst bewirtete ihn aufs Köstliche. Unter Anderem gab es ein süßes, klebrig braunes Gebräu, bereitet mit sprudelndem Quellwasser, welches er noch nie zuvor getrunken hatte. Auf die Nachfrage, was das sei, sagte man ihm, daß es eine Art Saft der Zuckerrübe sei, die man so anrichte.
Begeistert von dem Honigsüßen Gebräu fuhr er heim nach Lichtenfels, und ordnete seinen Eigenen an, sie sollten aus Rüben nun diesen Rübensaft herstellen. So taten sie dies dann auch. Und als die Rüben geerntet waren, waren alsbald die Keller voller Fässer mit dem klebrigen Gebräu.
Darauf ließ der Fürst in allen Schänken in seinem Lande den Rübensaft ausschenken... doch keiner wollte diesen "Hurenwein", wie man das Gebräu aus Blankenburger Landen eben nun mal nannte. "Bittres Wasser" und "Braunes Elend" waren die nettesten Namen, die das Volk dem Rübensaft gab. Aber nur die Wenigsten hatten es je probiert.
"Hmm." sprach der Fürst, und mußte nachdenken. Was hatte er nur falsch gemacht. Warum wollte sein Volk den Rübensaft nicht trinken? Ja, warum hatte es gar Angst davor?!? Viele Tage und Nächte dachte der Fürst nach, doch nach einer Woche, da kam ihm eine Idee.
Er ließ die Fürstliche Garde ausrücken, immer vier Mann, mit einem großen Karren. Sie fuhren in die Dörfer und Städte. Sie hielten mit Ihren Wagen vor den Schänken, verkündeten, daß "Nie nicht und Keiner wohl das Recht mehr hätten, vom Rübensaft zu trinken. So nicht die Niederen und Nicht die Hohen.
Man werde die Fässer schon alsbald mitnehmen." So begannen sie, an den Fässern "Wache" zu halten, doch schliefen sie schon sehr bald ein.
Das Volk und die Wirte jedoch setzten sich zusammen. Der Eine sagte, daß in den Fässern ja ganz was besonderes sein müsse, wenn der Fürst das für sich wollte. Der nächste wußte zu berichten, daß es sehr wertvoll noch dazu wäre, weil ansonsten hätte der Fürst ja keine Wachen geschickt.
So und so ähnlich ging es im ganzen Land zu - während die Wachen an den Fässern ruhig schliefen. Und auch überall im Lande wurde heimlich, still und leise an den bewachten Fässern gezapft, was nur ging. Am nächsten Morgen waren viele Fässer leer. Und mehr noch, die Leute waren auf den Straßen, forderten Ihr Recht - Ihren Rübensaft.
In seiner Gnade gewährte der Fürst von Lichtenfels, der schlaue Schilderich, seinen Leuten das Privileg des Rübensaftes.
Unbekannt, aus Damensee
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