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August Frederik von Blauenthal
über die Etikette bei Hofe

I. Über die Kleidung bei Hofe

1. Die Kleidung des Herren
Der Herr erscheine bei Hofe gepflegt und sauber gekleidet.
In den Wenzinger Landen ist es, ebenso wie im Auslande, unfein und verpönt Bein zu zeigen. Lange Hosen und entsprechende Strümpfe gehören somit zur Grundausrüstung eines jeden Edelmannes. Das Schuhwerk sollte stets sauber und gepflegt sein.
Ebenso sauber wie das Schuhwerk, sollte auch der Herr bei Hofe erscheinen. So ist das Haar und der Bart zu waschen, zu schneiden und zu pflegen. Die Kleidung ist sauber und makellos zu halten.
Er trage stets eine Kopfbedeckung, denn das Bedecken des Haupthaares wird nicht nur als schicklich empfunden, sondern zeugt euch von Wohlstand und wird in hohen Kreisen als selbstverständlich angesehen.
Auch hat der Herr bei Hofe stets sein Wappen zu tragen. Dies kann in Form eines Badge oder durch einen Bannerträger erfolgen.
Der Herr von Stand trägt als Zeichen seines Standes die Sporen und das Schwert, da diese beiden Symbole den Stand der Ritterschaft anzeigen.

2. Die Kleidung der Damen
Auch die Dame hat bei Hofe stets gepflegt und sauber zu erscheinen.
Es gilt als höchst unschicklich den Knöchel oder gar die Wade zu zeigen. Ebenso wird die all zu starke Betonung weiblicher Reize, wie die Brust oder das Zeigen der Arme, als störend empfunden.
Eine Dame trägt stets ein Kleid und eine Kopfbedeckung als Zeichen ihrer Weiblichkeit und ihres Standes.
Auch die Dame hat ihr Haar zu pflegen und frisieren zu lassen. Auch Hände und Nägel sind in gepflegten Zustand zu halten, denn sie sind das Zeichen ihres Standes.
Ein Fächer wird mehr als empfohlen, um Blicke und Lächeln zu verdecken.
Das Schuhwerk der Dame sollte nicht zu schwer und stets sauber sein, wie es auch die Kleider im Allgemeinen sein sollten.
Bei Hofe schickt es sich für eine Dame von Stande nicht, offen Waffen zu tragen.

3. Die Badges
Das Badges ist ein kleines Wappen, welches am Gürtel getragen wird.
Das Badge dient der Kennzeichnung des eigenen Standes und wird, gemäß der burgundischen Mode, rechts getragen, während das des Lehnsherrn auf der Herzseite getragen wird.

II. Benehmen bei Wenzinger Hofe
1. Benehmen des Herrn
Der Herr betritt den Raum vor der Dame, um diese bei Bedarf schützen zu können.
Er läuft auf der Treppe vor der Dame, um sich mit seinem Blick nicht dem durch das Anheben des Kleides freiliegenden Knöchel der Dame aussetzen zu müssen oder die Dame durch seine etwaigen Blicke in Verlegenheit zu bringen.
Der Herr hat die Damen zuvorkommend zu behandeln. Er ist stets rücksichtsvoll und zurückhaltend in Gegenwart der Damen.
Lautes Rülpsen, Furzen, Schnäuzen oder Gröllen haben in der Gegenwart von Damen zu unterbleiben. Sie gelten als höchst unschicklich und verpönt.
Der Herr überlasst immer zuerst der ranghöchsten Dame der Runde seinen Platz.
Der Herr fordert die Dame zum Tanz auf, geleitet sie durch den Saal, bedient diese sofern kein Dienstbote zugegen ist und bemüht sich stets ihr ein guter Gesellschafter zu sein.
2. Benehmen der Dame
Eine Dame macht stets kleine Schritte und rennt niemals.
Es gilt zudem als unschicklich zu gestikulieren, die Blicke zu erheben und erwidert oder gar umherschweifen zu lassen.
Es schickt sich auch nicht sich die Schleppe zu tragen oder tragen zu lassen, da so der Blick auf die Knöchel entblößt wird.
Es ziemt sich auch nicht die Beine übereinander zu schlagen, laut zu sprechen oder den Herrn zuerst anzusprechen, sowie laut und ohne Hand vor dem Mund zu lachen.
Als höchst unziemlich gelten Widerworte, lautes Sprechen oder zur Schau stellen der eigenen Person. Eine Dame hat stets zurückhaltend zu sein. Ein demutsvolles Wesen steht ihr gut zu Gesicht. Ein sanftes Lächeln sollte ihren Mund umspielen und keineswegs sollte sie Gespräche oder Aufforderungen zurückweisen.
Zudem empfiehlt es sich oftmals einen Fächer zur Hand zu haben. Jedoch dazu später mehr.

III. Beim Empfang
Die Vorstellung des Gastes erfolgt durch den Herold oder durch den Haushofmeister des Gastgebers.
Als Gastgeber wird der Gast willkommen geheißen. Anfangs werden einige belanglose Floskeln und Schmeicheleien ausgetauscht. Danach werden Gastgeschenke überreicht. Bei einander vertrauten Personen kann diese Anfangszeremonie aber vom Protokoll abweichen.
Das Knien vor seiner königlichen Majestät ist unumstritten. In der Regel hält man einen Abstand von etwa drei Meter ein. Es ist unziemlich, seiner Majestät den Rücken zuzuwenden. Will man sich abwenden, geht man zunächst einige Schritte rückwärts, entfernt sich dann leicht seitlich.
Geht seine königliche Majestät auf die Knie, so haben auch alle anderen zu knien außer den Eltern Seiner Majestät und der Gemahlin Seiner königlichen Majestät, denn niemand im Reich darf höher stehen als der König selbst.

IV. Beim Vorstellen
In der Regel ist es Aufgabe des Haushofmeisters oder eines Dritten, zwei sich unbekannte Damen oder Herren vorzustellen.
Dabei wird der Jüngere oder im Rang niedere, dem Älteren oder im Rang höheren zuerst vorgestellt. Der Herr wird jedoch immer – unabhängig vom Rang - der Dame zuerst vorgestellt.
Händeschütteln und Wangenküsse sind bei Hofe verpönt. Die Begrüßung ist in der Regel höflich und dezent.
Die Dame kann die Hand zum Handkuss reichen, dabei berühren die Lippen des Herrn die Hand der Dame auf keinen Fall. Nimmt der Herr die Hand der Dame, so ist er verpflichtet eine jede Dame in dieser Runde auf die gleiche Art und Weise zu begrüßen.
Die Begrüßung erfolgt grundsätzlich durch eine Reference des Herren, bei der dieser eine Verbeugung beschreibt und dabei mit dem vorangestellte Fuß einen Halbkreis nach hinten vollführt, so dass das nun vordere Bein durchgedrückt ist. Dann neigt er den Oberkörper nach vorn. Das (durchgestreckte) "knie zu beugen", also auf ein Knie zu gehen, wird in der Regel nur bei seiner Majestät, dem König getan.
Die Dame wiederum entgegnet die Begrüßung des Herrn ihrerseits mit einer Reference. Diese erfolgt durch einen Knicks, bei dem die Dame das Kleid leicht zur Seite streicht und eine den Herren ähnliche, jedoch dezenter gehaltene Verbeugung durchführt. Ihr Blick ist dabei demütig gesenkt, die Hände liegen an den jeweiligen Seiten an oder sind im Schoß der Dame gefaltet.
Die jeweilige Tiefe der Reference bestimmt sich jeweils nach Rang und Titel des Gegenübers. Einen Herr oder eine Dame gleichen Ranges genügt es mit einem leichten Kopfnicken zu begrüßen. Je ranghöher der Herr oder die Dame gegenüber einem selbst ist, desto tiefer sollte auch die Reference ausfallen.
Die Titel der jeweiligen Adligen sind bei Wenzinger Hofe wie folgt festgelegt:
Ritter / Edler / Edle - Herr / Dame
Reichsritter / Freiherr / Freiherrin / Freifrau - Edler Herr / Edle Dame
Barone / Baronin / Burggraf / Burggräfin - Euer Wohlgeboren / Euer Wohlgeborene
Graf / Gräfin - Euer Gnaden oder Euer Hochwohlgeboren / Euer Hochwohlgeborene
Markgraf / Markgräfin - Euer Hoheit
Fürst / Fürstin - Euer fürstliche Hoheit
Herzog / Herzogin - Euer herzogliche Hoheit oder Euer Durchlaucht
(direkte) Verwandte des Königs - Euer königliche Hoheit
König / Königin - Euer königliche Majestät
Die Titel der Würdenträger des Reiches werden wie folgt tituliert:
Pontifex – Euer Eminenz
Pontifex Maximus - Euer Heiligkeit
Magier – Euer Spekatabilität
Botschafter und alle nicht weiter festgelegten oder festzustellenden Titel – Euer Exzellenz
Vor Pontifexen, dem Pontifex Maximus und sonstigen hohen Priestern der Bruderschaft wird eine tiefe Verbeugung vorgenommen, wobei die Hände kurz oder andeutungsweise an die Schläfen gelegt werden.

V. Bei Tische
Der Ranghöchste bzw. der Gastgeber sitzt nicht zwingend am Kopfe der Tafel, auch wenn dies mittlerweile vielerorts üblich ist.
Der wichtigste Gast bzw. Ranghöchste der Gesellschaft wird dem Gastgeber am nächsten gesetzt. Es wird paarweise angeordnet. Herr und Begleitdame sind auf keinen Fall zu trennen.
Bei einem Buffet wartet der Herr der Dame auf, indem er ihr bei Tisch aufträgt oder sie zum Buffet geleitet, um ihr dort aufzuwarten. Auch füllt der Herr den Becher der Dame.
Sich während des Essens auszuschweigen gilt als unziemlich. Sensible Themen sollten mit Bedacht angesprochen werden.
Der Herr beginnt stets das Gespräch und versucht der Dame ein guter Gesellschafter zu sein. Die Dame beteiligt dezent und mit zurückhaltender Begeisterung an dem Gespräch.

VI. Beim Essen
Der Herr versorgt seine Tischdame mit Speis und Trank, auch wenn dies nur durch Heranwinken eines Dieners ist.
Es gilt als unziemlich sich bei Tisch zu schnäuzen, sowie Mund und Finger am Tischtuch abzuwischen. Zum Abtupfen der Mundwinkel und der Finger wird das Papier Laurence benutzt.
Essen auszuspucken gilt als Ausdruck schlechten Benehmens.
Man isst gesittet und ziemlich. Schlingen und Verweigern des Essens wird als unhöflich empfunden.
Bei Banketten erkennt man gute Herren daran, dass sie sich und ihre Dienerschaft auf das Bankett vorbereitet haben, und gerade so essen, als das sie am Ende des Essens mit dem letzten Bissen satt sind.
Man sollte stets bereit sein als Herren einen Trinkspruch auf seinen Gastgeber anbringen zu können. Von Damen wird gleichermaßen nicht erwartet. Trinksprüchen gelten als Ehrbezeugung. Bei einem Trinkspruch muss nicht der ganze Becher geleert werden, doch ist es mehr als unhöflich, bei einem Trinkspruch überhaupt nicht zu trinken. Dies kann als böse Absicht angesehen werden.

VII. Beim Flanieren
In der Regel nimmt der Herr die Dame an der rechten Hand. Sollte dies die Seite sein, an der er seine Waffe trägt, so möchte er die Dame an der anderen Seite führen. Die Arme sind dabei etwa auf Höhe des Ellbogens und angewinkelt. Die Hand der Dame ruht auf der Hand des Herrn. Niemals umfasst ihre Hand die seine.
Es ist unschicklich, wenn sich ein einzelnes Paar allein aus dem Sichtbereich der Gesellschaft begibt, es sei denn, sie sind verwandt bzw. verheiratet.

VIII. Von der Konversation
Bei einer Unterredung, sei es eine Verhandlung oder eine einfache, belanglose Unterhaltung, ist es äußerst unhöflich dem Gegenüber nicht zuzuhören.
Das Zuhören geschieht durch Wahrnehmung des Gesagten seines Gegenübers. Dabei blicken sich die Unterhaltenden an und sitzen sich in aufgeschlossener, aufrechter Haltung gegenüber.
Die Unterhaltung wird leise und unter Wahrung der guten Sitten geführt. Die Stimme wird nicht erhoben. Die Beine werden nicht übereinander geschlagen.
Husten und Gähnen sind zu unterlassen. Sollte es nicht anders möglich sein, ist die Hand vor den Munde zu führen.

IX. Beim Tanz
Im Interesse des allgemeinen Wohlbefindens und der Roben der Damen legen die Herren beim Tanze sowohl die Waffen, als auch die Sporen ab.
Beim Tanze blickt der Herr der Dame auf die Stirn, die Dame dem Herrn auf die Brust. Sollten die Tanzpartner miteinander verwandt oder einander angetraut sein, so gilt es als freundlich einander anzusehen. Unterhaltungen während Tanze gelten als unziemlich. Niemals blickt der Herr der Dame jedoch auf die Brust und niemals umfasst die Hand der Dame die Hand des Herren, sie ruht vielmehr leicht in der seinen.
Die Tänze sind im Vorfeld zu üben. Der Tanz ist gesittet zu vollziehen. Aufstampfen gilt als Ausdruck schlechten Benehmens.
Bei der Aufforderung zum Tanz besteht keine Möglichkeit den Auffordernden abzulehnen ohne ihn dadurch persönlich zu beleidigen.
Sollte eine Dame nicht zum Tanz aufgefordert worden sein, so muss einer der verbleibenden Herren dies nachholen, denn es gilt als höchst unziemlich eine Dame unbeachtet zu lassen oder gar beim Tanz zu verschmähen.
Eine Dame sollte offentsichtlich dann nicht zum Tanz aufgefordert werden, wenn Gebrechen erkennbar oder bekannt, ebenfalls bekannt ist, dass die Dame kurz vor und nach der Niederkunft steht.

X. Vom Umgang mit dem Fächer

Die Art der Fächersprache zunächst gerade bei jungen Adligen sehr populär und erfreut sich nun seit einiger Zeit auch bei der älteren Generation wachsender Beliebtheit. Besonders an den Höfen von Laurenz und Rosenstein erfuhr die Fächersprache ihren Siegeszug.
Es sei jedoch angemerkt, dass es noch weitere Fächerzeichen gibt, die uns bisher jedoch verborgen geblieben sind.
Zudem möchten wir gerade die jungen Leute ermahnen nicht allzu leichtfertig mit dem Fächer und seiner Sprache umzugehen und sich im Hinblick auf Stand und Erziehung entsprechend gebührlich zu verhalten.

Den Fächer in der rechten Hand vor dem Gesicht zu halten, bedeutet folge mir.
Den Fächer in der linken Hand vor dem Gesicht zu halten, bedeutet ich suche Bekanntschaft.
Den Fächer an das linke Ohr zu halten, bedeutet ich möchte das du mich in Ruhe lässt.
Den Fächer über die Stirn gleiten zu lassen, bedeutet du hast Dich verändert.
Den Fächer mit der linken Hand flattern zu lassen, bedeutet wir werden beobachtet.
Den Fächer in der rechten Hand zu tragen, bedeutet du bist verwegen
Den Fächer durch die Hand zu ziehen, bedeutet ich hasse dich.
Den Fächer mit der rechten Hand flattern zu lassen, bedeutet ich liebe einen anderen.
Den Fächer über die Wange gleiten zu lassen, bedeutet ich liebe dich.
Den Fächer geschlossen zu präsentieren, bedeutet liebst du mich?
Den Fächer über die Augen gleiten zu lassen, bedeutet verzeihe mir bitte.
Den Fächer am äußeren Rand mit dem Finger zu berühren, bedeutet ich möchte mit Dir sprechen.
Den Fächer auf der rechten Wange ruhen zu lassen, bedeutet ja.
Den Fächer auf der linken Wange ruhen zu lassen, bedeutet nein.
Den Fächer zu öffnen und schließen, bedeutet du bist grausam.
Den Fächer hängen zu lassen, bedeutet wir bleiben Freunde.
Den Fächer langsam zu fächeln, bedeutet ich bin verheiratet.
Den Fächer schnell zu fächeln, bedeutet ich bin verlobt.
Den Fächer auf die Lippen zu legen, bedeutet küsse mich.
Den Fächer weit zu öffnen, bedeutet warte auf mich.
Den Fächer offen in der linken Hand zu halten, bedeutet komm und unterhalte Dich mit mir.
Den Fächer hinter den Kopf zu halten, bedeutet vergiss mich nicht.
Den Fächer mit kleinem abgespreiztem Finger zu halten, bedeutet auf Wiedersehen.



Pflanzenartige Kreaturen / Feldschererey

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